Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel im Deutschen Bundestag
Die Kanzlerin forderte: "Machen wir uns diese Präsidentschaften zu einem gemeinsamen nationalen Anliegen."
Erfolgreiche EU-Erweiterungspolitik
Merkel würdigte die Aufnahme neuer Staaten in die Gemeinschaft: "Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union ist eine Erfolgsgeschichte. Sie hat Demokratie und Frieden auf den Europäischen Kontinent gebracht."
Es sei erforderlich, dass in den Verhandlungen mit neuen Kandidaten die Beitrittskriterien eingehalten werden. Dies sage sie nicht als Drohung, sondern als Ansporn, so Merkel.
Die Kanzlerin lobte erneut die Verständigung der EU-Außenminister für das weitere Vorgehen in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. "Die Türkei hatte sich mit ihrer Unterschrift im Juli 2005 verpflichtet, das Ankara-Protokoll umzusetzen. Es geht hier nicht um eine Kleinigkeit, sondern es geht hier um eine Selbstverständlichkeit, dass Beitrittskandidaten und EU-Mitgliedstaaten natürlich einander diplomatisch anerkennen müssen." Sie halte die Reaktion der EU auf die Türkei-Politik für "besonnen und entschlossen".
Mit der Aussetzung einzelner Verhandlungskapitel und den jährlichen Berichten über die Fortschritte der Türkei werde ein Ansporn für Reformen gesetzt und zugleich deutlich gemacht, dass es ein einfaches "weiter so" nicht geben werde.
Verfassungsvertrag voranbringen
"Wir brauchen einen Verfassungsvertrag für Europa", forderte die Kanzlerin. "Unser Auftrag während der Ratspräsidentschaft ist es, einen Fahrplan für das weitere Vorgehen zu liefern." Dieser müsse bis zum Ende der Präsidentschaft im Juni 2007 vorliegen.
"Ich hielte es für ein historisches Versäumnis, wenn wir es nicht schaffen bis zur nächsten Europawahl mit der Substanz des Verfassungsvertrages so umzugehen, dass wir auch wirklich ein Ergebnis abliefern können."
Sie werde sich dafür einsetzen, dass die zukünftige Verfassung auf elementaren Werten basiert. Diese seien Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte.
Einigkeit in der EU-Außenpolitik
Europa müsse mit einer starken Stimme sprechen, so die Bundeskanzlerin. Dies gelinge nur, wenn sich die EU-Staaten in außenpolitischen Fragen einig seien. Diese Einigkeit herzustellen sei eine der zentralen Aufgaben während der Präsidentschaft.
Zur Lösung des Nahost-Konfliktes sprach sich die Kanzlerin für eine Wiederbelebung des so genannten Nahost-Quartetts aus.
Globalisierung gestalten
Es werde ein Schwerpunkt der G8-Präsidentschaft sein, über globale Sozial- und Umweltstandards zu sprechen.
"Die Bundesregierung hat den unbedingten Willen, die Globalisierung zu gestalten", sagte die Bundeskanzlerin. Globalisierung müsse sich fairen Regeln verpflichten. Natürlich bezweifelten viele Menschen, dass dies gelingen könne. "Aber ich glaube, wir dürfen den Anspruch nie aufgeben."
Wirtschafts- und Sozialpolitik weiterer Schwerpunkt
Die wirtschafts- und sozialpolitische Zukunft Europas werde im Mittelpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft stehen. Die Bürgerinnen und Bürger würden fragen: "Was bringt mir Europa?" Hierauf müsse die EU eine Antwort geben. "Auf dem Frühjahrsgipfel im März wollen wir deshalb besondere Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, für die Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und für die Entwicklung unseres Wohlstandes geben", sagte die Kanzlerin.
Die Weiterentwicklung des Binnenmarktes - insbesondere eine Öffnung des Strom- und Gasmarktes - müsse vorangebracht werden. Zum Thema Energiepolitik gehöre auch die Erreichung des Klimaschutzziels durch eine verbesserte Energieeffizienz.