Thomas de Maizière spricht über den G8-Gipfel, die große Koaltion, die Familienpolitik und die Finanzhilfen des Bundes für die neuen Länder.
Super Illu: Die Vorbereitungen für den G-8-Gipfel laufen auf Hochtouren. Sollte der Osten stolz darauf sein, dass dieses wichtige Treffen im Juni in Heiligendamm stattfindet?
De Maizière: Das denke ich schon. Gastgeber ist aber weniger »der Osten«, sondern Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern und Heiligendamm – und Ministerpräsident Ringstorff hat die Entscheidung früher ausdrücklich begrüßt. Das ganze Land und seine Einwohner haben jetzt die Chance, sich als gute Gastgeber zu beweisen und auch zu zeigen, was im Aufbau Ost bereits geleistet worden ist.
Gelingt das, dann ist das weit über die Berichterstattung der wenigen Gipfel-Tage hinaus ein nicht in Geld aufzuwiegendes Pfund, mit dem Deutschland und das Land Mecklenburg-Vorpommern weltweit wuchern können.
Super Illu: In Heiligendamm wird auch Russlands Präsident Putin dabei sein. Gerhard Schröder hat ihn als "lupenreinen Demokraten" bezeichnet. Aber wie demokratisch kann ein Land sein, in dem Oppositionelle bei Demonstrationen zusammengeschlagen und verhaftet werden?
De Maizière: Es ist ein Weltwirtschaftsgipfel Aber dass die Bundesregierung und insbesondere die Bundeskanzlerin über diese Fragen sowohl mit Putin auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft, spricht, ist bekannt. Das flößt Putin Achtung ein.
Wir müssen darauf bestehen, dass friedliche Demonstrationen gegen ein politisches System möglich sind. Und das muss jeder, auch ein russischer Präsident, ertragen lernen.
Super Illu: 16 000 Sicherheitskräfte werden im Einsatz sein, auch wegen tausender G-8-Kritiker…
De Maizière: Dass es dort Sicherheitsvorkehrungen in einem Maße geben wird, von denen wir uns wünschen würden, dass sie alle nicht erforderlich wären, ist wahr. Aber das hat genauso in Italien und anderen G-8-Ländern stattgefunden.
Entgegen der Meinung von Globalisierungsgegnern kommen auch in Heiligendamm keine finsteren Kapitalisten, sondern verantwortliche Staatsführer zusammen, die versuchen, Wirtschaftswachstum und Finanzkreisläufe verantwortlich miteinander in Einklang zu bringen. Es geht auch um die weltweite Aufgabe Klimaschutz, weshalb auch Staatschefs von Schwellenländern wie Südafrika und Brasilien eingeladen sind.
Außerdem sind etliche afrikanische Staatsführer dabei, deren Teilnahme die besondere Verantwortung der reichen Länder für den Kontinent Afrika betonen soll. Berücksichtigt man all diese Aspekte von G8, fehlt mir wirklich jedes Verständnis mindestens für gewalttätige Demonstrationen.
Super Illu: Themenwechsel: In Umfragen hat die Union einen guten Lauf. Wie sieht es mit Blick auf 2009 aus? Wird die Union eine Zweier-Koalition mit einem kleineren Partner bilden können?
De Maizière: Im Bündnis mit der SPD tun wir alles, damit unsere Arbeit erfolgreich ist und wir hinterher sagen können, wir haben das Land gut regiert. Eine große Koalition sollte aber kein Dauerzustand sein.
Ich hoffe, dass die Union als Volkspartei der Mitte schon 2009 wieder einen Zustimmungswert von um 40 Prozent erreicht, um das Land zusammen mit einem kleineren Partner regieren zu können. Die Sozialdemokraten versuchen das ihrerseits auch… Bitteschön!
Super Illu: SPD-Chef Kurt Beck liegt in Umfragen weit hinter der Kanzlerin…
De Maizière: So ist es. Soll die Kanzlerin eine schlechtere Arbeit leisten, damit es der SPD besser geht? Das wird sicher nicht eintreten (lacht).
Super Illu: Allein die PDS hat auf Bundesebene keiner ernsthaft als Koalitionspartner in Betracht ziehen wollen. Halten sich diese Tabus auch gegenüber der neuen Linken?
De Maizière: Ich hoffe es! Das wäre gut für Deutschland. Kommunisten sollten bei uns nicht in der Regierung sein. Die Linke wird auch künftig die Rolle einer ewig nörgelnden, ewig Nein sagenden und hoffentlich immer kleiner werdenden Opposition spielen.
Super Illu: Für Wirbel in der Großen Koalition sorgt die von Wirtschaftsminister Glos (CSU) angestoßene Debatte zur Steuersenkung. Wäre es angesichts sprudelnder Einnahmen nicht an der Zeit, mehr Geld in die Taschen der Bürger zu verteilen, und so auch die Binnenwirtschaft anzukurbeln?
De Maizière: Ich bin mir mit Michael Glos einig, dass die Haushaltskonsolidierung Vorrang hat. In den nächsten Jahren müssen wir die Schuldenbelastung zurückführen, die Aufnahme von neuen Schulden kleiner machen, als bisher vorgesehen.
Das heißt auch, dass wir sehr vorsichtig sein müssen mit zusätzlichen Ausgaben. Das gilt bereits für den Haushalt 2008, den wir im Juni vorlegen wollen. Bestimmte zusätzliche Ausgabeblöcke stehen schon fest, wie der Anteil der Kindermitversicherung für die Krankenkassen – und natürlich haben auch die Ressorts gut begründete Forderungen. Aber Sparsamkeit geht vor.
Super Illu: Ursula von der Leyen will Bundesmittel für den Ausbau von Krippenplätzen einsetzen. Lassen Sie die Familienministerin jetzt mit leeren Händen stehen?
De Maizière: Nein. Ursula von der Leyen ist eine ungewöhnlich erfolgreiche Familienministerin, die gegen massive anfängliche Widerstände das Elterngeld durchgesetzt hat. Und sie hat erreicht, dass das Thema Kinderbetreuung in den Fokus gerückt ist. Die Zuständigkeit für die Betreuung der Kinder liegt zunächst bei den Ländern und Kommunen. Deshalb kann es seitens des Bundes allenfalls um Mitfinanzierung gehen
Super Illu: Stehen den bereits gut ausgestatteten ostdeutschen Ländern Finanzhilfen vom Bund zu?
De Maizière: Ginge es allein nach dem fehlenden Bedarf, würde man mit Bundesgeld vor allem diejenigen Länder im Westen belohnen, die bisher dafür zu wenig investiert haben. Richtig ist, dass die ostdeutschen Länder sehr viel Geld für Krippenplätze ausgegeben haben.
Allerdings haben sie die Krippen nicht selbst aufgebaut, sondern aus DDR-Zeit übernommen und die Finanzierung fortgesetzt – auch mit Hilfe von Transferleistungen aus dem Westen. Das sollte man nicht vergessen. Ich fände es deshalb klug, wenn sich die Länder untereinander auf einen solidarischen und adäquaten Verteilerschlüssel einigen würden.