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Mitschrift Pressekonferenz

Pressestatements von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Mexiko, Felipe Calderón

Fr, 26.01.2007
am 25. Januar 2007 in Berlin
 
(Hinweis: Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)
 
 
MERKEL: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass Präsident Calderón heute bei uns in Berlin zu Gast ist. Wir haben uns schon einmal telefonisch gesprochen. Ich habe ihm zu seiner Amtsübernahme gratuliert   jetzt in der Zeit, in der Deutschland sehr gute bilaterale Beziehungen zu Mexiko hat, aber auch als G8-Präsidentschaft und EU-Präsidentschaft zusätzliche Verantwortung übernommen hat. Es ist sehr wichtig und sehr erfreulich, dass Präsident Calderón sehr schnell nach seiner Amtsübernahme zu uns nach Deutschland gekommen ist.
 
Unsere bilateralen Beziehungen sind hervorragend. Wir teilen gemeinsame Prinzipien, und wir haben uns vorgenommen, diese bilateralen Beziehungen noch zu intensivieren.
 
Wir werden an einer gemeinsamen Erklärung arbeiten, die die Außenminister vorbereiten. Bundesaußenminister Steinmeier wird im April nach Mexiko reisen, und dann kann eine solche Erklärung über eine vertiefte bilaterale Zusammenarbeit verabschiedet werden. Wir haben in unserem kurzen Gespräch eben schon gesagt, dass wir gerade Themen der wirtschaftlichen Kooperation, der Verbesserung des Handels, aber auch Themen der Umweltkooperation auf die Tagesordnung setzen wollen, was angesichts der internationalen Umweltherausforderungen ja auch richtig ist.
 
Ich habe Präsident Calderón eingeladen, zu dem sogenannten "outreach"-Treffen anlässlich des G8-Meetings nach Heiligendamm zu kommen. Er hat sich gefreut und wird diese Einladung annehmen.
 
Wir werden jetzt beim Abendessen natürlich noch über eine Vielzahl internationaler Probleme sprechen, vor allen Dingen auch über die Lage in Lateinamerika, wo uns manche Entwicklung auch Sorgen macht. Umso mehr sind wir daran interessiert, dass wir stabile, intensive und gute Beziehungen mit Mexiko auf der Grundlage sehr guter Beziehungen entwickeln, die wir über viele Jahre haben.
 
CALDERÓN: Vielen Dank, Frau Merkel. Es ist für mich eine sehr große Freude, hier in Deutschland sein zu können und auch Sie beglückwünschen zu können. Ich bin ganz und gar Ihrer Meinung. Ich möchte Sie auch dazu beglückwünschen, was Sie in Davos gesagt haben. Man hat Sie bereits als die wichtigste weibliche Persönlichkeit bezeichnet. Ich kann mich dem nur anschließen.
 
Ich möchte gern den Kommunikationsmedien sagen, dass ich bereits die Gelegenheit hatte, Frau Kanzlerin früher kennenzulernen, als sie Vorsitzende der CDU war. Ich war damals der Vorsitzende meiner Partei. Unsere Parteien gehören derselben internationalen Organisation an; sie sind sogenannte Geschwisterparteien. Es freut mich sehr, dass Frau Merkel den Wahlsieg davongetragen hat und dass ihre Regierung so erfolgreich ist und eine so wichtige Rolle gespielt hat.
 
Ich möchte auch gern sagen, wie wichtig die Rolle Deutschlands ist, die jetzt innerhalb der Europäischen Union und der Ratspräsidentschaft und auch als Führungskraft innerhalb der G8 ausgeübt wird.
 
Ich danke Frau Merkel auch für die Einladung zur Teilnahme an den erweiterten Gesprächen der G8. Deutschland und Mexiko haben sehr enge Beziehungen, die schon seit sehr langer Zeit bestehen. Dieser Besuch hat als Ziel, diese Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland zu stärken.
 
In der Tat sind wir übereingekommen um zu sehen, welche Wege es gibt, um diese Beziehungen in den Bereichen Wirtschaft, Investitionen und im Umweltbereich zu verstärken. (Das gilt auch für) die anderen Bereiche, die bereits Frau Merkel erwähnt hat.
 
Ich möchte ebenfalls sagen, dass wir als Länder, aber auch als die jeweiligen Staatsoberhäupter unserer Länder, Prinzipien und Werte teilen. Es sind Werte, die mit der Demokratie zusammenhängen, mit der Achtung der föderativen Systeme. Es sind Werte, die damit zusammenhängen, dass die Würde des Menschen geachtet werden muss   das ist ein sehr wichtiger Wert  , und natürlich geht es auch um die Achtung unter den Nationen.
 
Ebenfalls teilen wir etwas, das sich Frau Merkel auf die Fahne geschrieben hat, nämlich die Sorge um die Umwelt. Auch hier möchten wir gern eine aktive Rolle übernehmen.
 
An letzter Stelle freue ich mich wirklich sehr darüber, dass die Jahre meiner Präsidentschaft in der Zeit stattfinden, in der Sie auch Kanzlerin sind und ebenfalls in diesen sechs Monaten die Ratspräsidentschaft inne haben. Deswegen werden wir auch versuchen, unsere beiden Beziehungen weiterhin zu verstärken.
 
Ich möchte gern noch hinzufügen, dass ich mich heute Morgen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Gruppierungen in Deutschland getroffen habe. Ich kann sagen, dass es wirklich ausgezeichnete Möglichkeiten deutscher Investitionen in Mexiko gibt, was zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen wird, vor allem im Bereich des Automobilbereichs und in anderen Bereichen, die wir nach und nach bekannt geben werden.
 
Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Frau Angela Merkel. Vielen Dank auch dafür, dass Sie uns hier so herzlich empfangen haben.
 
FRAGE: Frau Kanzlerin, Sie haben gesagt, dass Sie die transatlantischen Beziehungen stärken und vertiefen wollen. Mexiko befindet sich auch in Nordamerika. Bedeutet das, dass Mexiko auch Teil dieses Regierungsprogramms ist?
 
MERKEL: Erst einmal haben wir ein hohes Interesse daran, dass die Welthandelsrunde, die Doha-Runde, erfolgreich weitergeführt wird. Das ist unser gemeinsames Interesse. Wir werden alle Chancen nutzen, die sich bieten, jetzt doch wieder einen Fortschritt zu erzielen. Gerade in Davos wird es dazu auch noch einmal einen Anlauf geben. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten hier einen Erfolg haben können.
 
Was die transatlantischen Beziehungen und den transatlantischen Markt anbelangt, so habe ich in Davos gesagt, dass ein solches Projekt offen für jeden sein kann, der mitmachen möchte. Da geht es nicht um Zölle, also um tarifäre Hemmnisse (oder) Handelshemmnisse wie bei der Doha-Runde, sondern da geht es um Standards   z. B. für Abgasnormen von Autos, für Buchführungsvorschriften, für Transparenzkriterien bei Finanzmärkten  , also um regulatorische Dinge, die wir oft ganz unterschiedlich zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union haben, obwohl wir im Grunde dasselbe wollen. Deshalb ist es erst einmal ein Projekt, an dem wir mit den Amerikanern arbeiten wollen. Aber es ist kein Ausschlussprojekt. Wer immer sich daran beteiligen möchte, ist herzlich willkommen.
 
FRAGE: Frau Kanzlerin, die Konferenz, die heute im Haus der Deutschen Wirtschaft stattfinden sollte, wurde gestern aus Sicherheitsgründen abgesagt. Ich würde gern wissen, ob Sie der Meinung sind, dass dies etwas übertrieben war und dass wir vielleicht einfach zu viel Angst haben.
 
Ich meine auch Idomeneo. Das ist eine Oper von Mozart, die gecancelt wurde, weil man Angst hatte, dass es zu Sicherheitsproblemen kommt. Die Konferenz im Haus der Deutschen Wirtschaft wurde ebenfalls aus Sicherheitsgründen abgesagt. Ich frage mich, ob das vielleicht nicht etwas übertrieben war, weil das doch nur 30 Personen sein sollten.
 
CALDERÓN: Bevor jetzt die Kanzlerin antwortet, möchte ich Ihnen die ganzen Informationen geben. Also die Konferenz wurde nicht abgesagt. Es gab eine Konferenz, und es war auch eine sehr interessante Konferenz, an der auch sehr viele deutsche Wirtschaftsvertreter teilgenommen haben, die ein großes Interesse in Mexiko haben. Ich weiß jetzt nicht, warum das im Haus der Deutschen Wirtschaft abgesagt wurde. Ich möchte einfach nur sagen, dass die Konferenz stattgefunden hat   an einem anderen Ort als am Anfang vorgesehen. Aber es hat alles gut funktioniert. Es war alles bestens.
 
MERKEL: Das Wichtige ist doch, dass zum Schluss die deutsch-mexikanischen Handelsbeziehungen verbessert werden. Wenn die Konferenz stattgefunden hat, dann wird das Ziel auch erreicht sein.
 
Ich muss zur Klarstellung sagen, dass auch die Oper Idomeneo gespielt wurde. Auch sie hat stattgefunden. Es war sogar so, dass Muslime und der Bundesinnenminister sie gemeinsam besucht haben. Da gab es eine Diskussion. Aber wir haben in Deutschland ganz klar gesagt: So weit kann es nicht kommen, dass man aus Sicherheitsgründen Kunstwerke nicht mehr aufführen kann. Also auch hier hat das ein gutes Ende gefunden.
 
FRAGE: Herr Präsident, ich würde gern von Ihnen wissen: Sie kommen jetzt nach Deutschland, um Investitionen nach Mexiko zu holen. Besteht angesichts der Tatsache, dass in Mexiko jetzt ein sehr großer Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Gang gesetzt wurde, nicht auch die Angst, dass dieses Hervorheben des Drogenhandels vielleicht die Investoren davon abhalten könnte, nach Mexiko zu kommen?
 
Dann habe ich eine Frage zum Thema Menschenrechte: Was möchte die Regierung in diesem Bereich tun? Denn wir haben z. B. Atenco (phon.), und wir haben Oaxaca.
 
Da Sie da sind, möchte ich auch noch auf ein drittes Thema zu sprechen kommen. Welche Vision möchte gern Mexiko in Lateinamerika verbreiten? Was soll Lateinamerika angesichts so großer starker Nationen wie die europäischen tun, vor allem wenn man sieht, was mit Chavez und der bolivianischen Republik passiert?
 
Welche Vision haben Sie also in Bezug auf das Szenario, das jetzt in Lateinamerika besteht? Ich spreche von der bolivianischen Blockierung. Was sollten sie machen? Sollten sie sich den Investitionen öffnen oder sich als ein Block konstituieren?
 
CALDERÓN: Nun, ich fange erst einmal mit den drei Fragen an, die an mich gerichtet waren.
 
Nun ganz im Gegenteil. Also das, was die Investitionen verscheucht, sind fehlende öffentliche Sicherheit und fehlende Rechtsstaatlichkeit sowie das Fehlen eines Staates, der ganz genau sagt, welche Rechte die Bürger haben und der mit all seiner Macht die Bürger und die Sicherheit schützt.
 
In dem Maße, in dem wir hier Fortschritte hin zu mehr Sicherheit verzeichnen können, in dem Maße, in dem wir es schaffen, dass die Rechtsstaatlichkeit dominiert, die Achtung der Gesetze, in dem Maße werden wir auch in der Lage sein, neue Investitionen nach Mexiko zu holen. Wir haben ein sehr großes wirtschaftliches Potenzial. Investitionen in Mexiko zu tätigen, ist ein sehr gutes Geschäft.
 
Es ist so, wie ich es bereits der Kanzlerin gesagt habe: Wir möchten gern, dass Mexiko zu den besten Investitionsorten der Welt gehört. Das werden wir erreichen. Um das zu erreichen, müssen wir auch seitens des Staates alles garantieren, damit die Rechtsstaatlichkeit, die Legalität, gewahrt wird. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Gesetze respektiert und eingehalten werden. Das habe ich auch dem mexikanischen Volk am 1. Dezember versprochen.
 
Außerdem werden wir, weil ich an Recht, Gesetze und an die Menschenrechte glaube   ich denke, das sind Prinzipien, die wir auch ideologisch mit der Kanzlerin teilen  , natürlich die Menschenrechte achten und respektieren. Jegliche Kommentare in dieser Hinsicht werden ganz genau untersucht. Man sollte nicht denken, dass der Staat nicht in der Lage ist, seine Aufgaben wahrzunehmen. Ich glaube nicht, dass das in Mexiko der Fall ist.
 
Die Proteste, die Sie angesprochen haben, kenne ich, glaube ich, nicht. Ich möchte noch einmal sagen: Wir sind eine offene Regierung. Wir wollen die Menschenrechte verteidigen, und jeglichen Zweifel in Bezug auf ihre Gültigkeit werden wir aus der Welt schaffen.
 
Außerdem muss ich sagen, dass wir in Lateinamerika die größte Volkswirtschaft sind. Wir haben eine historische, eine kulturelle und eine politische Beziehung zu Lateinamerika, und wir sind uns dessen sehr bewusst. Deswegen ging meine erste Reise als gewählter Präsident nach Lateinamerika, und ich war bereits dreimal in lateinamerikanischen Staaten, mit denen wir sehr enge Beziehungen haben. Wir werden natürlich sehr präsent in der Region sein, damit Lateinamerika wirklich fortschreitet in Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit. Das wollen wir von Mexiko.
 
MERKEL: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner von Mexiko in der Europäischen Union. Mexiko hat es geschafft, inzwischen unter die 15 ersten Volkswirtschaften auf der Welt zu kommen. Ich glaube, Mexiko hat das nicht durch Abschottung geschafft, sondern dadurch, dass sich Mexiko geöffnet hat. Das ist auch meine Vision für unsere Kooperation mit Lateinamerika, dass wir offenen und fairen Handel betreiben, dass wir Hemmnisse abbauen. Wir werden die Verbindungen zu Lateinamerika insgesamt und gerade zu Mexiko, aber auch zu Brasilien und Chile, so gestalten, dass wir enger zusammenarbeiten können und uns nicht abschotten. Das wäre ein großer Fehler.
 
Herzlichen Dank.